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Das Firmenkundengeschäft ist ein wichtiger Pfeiler bei den Geschäftsmodellen der Schweizer Banken. Die Finanzierung von Unternehmen, die Sicherstellung von Finanztransaktionen und das Kapitalmarktgeschäft haben eine zentrale Bedeutung für die Schweizer Volkswirtschaft. Die Liquiditätsversorgung sowie der Zugang zu Finanzierungen, zu weiteren Dienstleistungen für Wachstumsinvestitionen, zu Exporten und zu Kapitalmärkten ist eine Grundvoraussetzung für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und die hohe Produktivität der Schweiz. Das hervorragend ausgebaute Schweizer Corporate Banking wird damit zum Standortfaktor für Unternehmen, die in der Schweiz ansässig sind oder ihre finanzierungsbezogenen Tätigkeiten hierzulande angesiedelt haben.
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Finanzierung
Unternehmen stehen in der Schweiz verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung. Das traditionelle «Hausbank-Modell» basiert auf einer langjährigen Beziehung zwischen Kundin/Kunde und Bank und einer breiten Produktpalette zur Erfüllung verschiedener Kundenbedürfnisse. Bankkredite stellen daher die wichtigste Quelle für Fremdkapital für die meisten Schweizer Unternehmen dar. Im Gegensatz dazu stützt sich das Corporate Banking in anderen Ländern stärker auf andere Finanzierungsformen ab, etwa auf das Kapitalmarktgeschäft oder auf private Finanzierungen ohne Einbezug von Banken.
Volumen an Unternehmenskrediten wächst deutlich schneller als das BIP
Aktuell haben die Banken im Inland Limiten für Unternehmenskredite im Umfang von über CHF700Mrd. vergeben. Mehr als die Hälfte aller Kredite gingen an Mikrounternehmen mit bis zu neun Mitarbeitenden. Mit rund 26 Prozent aller Schweizer Beschäftigten in der Schweiz sind Mikrounternehmen somit proportional stärker auf Kredite angewiesen als grössere Unternehmen. Dazu kommen Kreditlimiten an kleinere und mittelgrosse Unternehmen, Grossunternehmen sowie für öffentlich-rechtliche Körperschaften. Insbesondere kleinere Schweizer Gemeinden und Verbundwerke finanzieren ihre Investitionen traditionell über Bankkredite.Um die Liquidität der KMU zu Beginn der COVID-19-Pandemie sicherzustellen, hat der Bundesrat in Zusammenarbeit mit Banken und Behörden im März 2020 in kürzester Zeit ein Kreditprogramm eingeführt und damit die betroffenen Unternehmen rasch und unbürokratisch mit Liquidität versorgt. Die Kredite von bis zu CHF500’000 wurden zu 100Prozent vom Bund abgesichert. Für Kredite, die über diesen Betrag hinausgehen, bürgt der Bund zu 85Prozent (bis maximal CHF 20 Mio. pro Unternehmen). Dieses Programm zur Gewährung von Krediten mit Solidarbürgschaften wurde von Behörden, Banken und der SBVg gemeinsam entwickelt und im Dezember 2020 über das COVID-19-Solidaritätsbürgschaftsgesetz ins ordentliche Recht überführt. Die Kredite waren anfangs unverzinst, nach der Zinswende orientiert sich der Zinssatz aber am SNB-Leitzinssatz. Der Bund veröffentlicht eine laufend aktualisierte Übersicht zu den Covid-19-Überbrückungskrediten.6Die hohe wirtschaftliche Bedeutung von Unternehmenskrediten zeigt sich daran, dass das Total der Limiten von 2010 bis 2021 um rund 4,5 Prozent pro Jahr angestiegen ist, während das Schweizer BIP in dieser Zeit um nominal rund 1,2Prozent pro Jahr zugenommen hat. Dies gilt insbesondere für KMU, auf die das grösste Wachstum der Kredite zurückgeht. In diesem Segment sind übrigens rund 85Prozent aller Kredite hypothekarisch gesichert, was die Risikofähigkeit der Kreditnehmerinnen/Kreditnehmer stärkt. Die Tatsache, dass die Kreditvolumen stetig wachsen, ist ein starkes Indiz, dass die Kreditversorgung in der Schweiz gewährleistet ist. Auch während der Finanzkrise oder der COVID-19-Pandemie war die Schweizer Volkswirtschaft im Gegensatz zu anderen Ländern nicht mit einer Kreditklemme konfrontiert. Dies zeigen die Resultate der SNB-Unternehmensbefragungen.7
Breite Palette von Finanzierungslösungen für Firmen
Neben Bankkrediten stehen Schweizer Unternehmen zahlreiche weitere Finanzierungsinstrumente zur Verfügung. Dazu zählen etwa das bereits genannte Factoring, Leasing sowie Mezzanine Finance, die je nach den Bedürfnissen der Unternehmung verschiedene Vorteile aufweisen. Banken bieten für Exportfirmen spezifische Dienstleistungen an, etwa Käufer- oder Fabrikationskredite. Strukturierte Finanzierungen sind ein Sammelbegriff für Finanzierungsinstrumente, die über das klassische Kreditgeschäft hinausgehen. Dazu zählen unter anderem Verbriefungen, Akquisitionsfinanzierungen und Sell-and-Lease-Back-Verträge.
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Transaction Banking
Das Transaction Banking umfasst Produkte und Dienstleistungen für Unternehmen, die die Finanzflüsse im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit des Unternehmens abdecken. Die Angebotspalette reicht von Kundenzahlungen, die täglich millionenfach abgewickelt werden, bis zur massgeschneiderten Handelsfinanzierung, bei der die Bank den internationalen Finanzfluss sicherstellt. Aus Sicht der Kundinnen und Kunden erleichtert das Transaction Banking die Liquiditäts- und Kapitalplanung und reduziert die Transaktionskosten. Beim internationalen Handel können Banken mit ihren Netzwerken an ausländischen Korrespondenzbanken ausserdem die Gegenparteien-Risiken reduzieren.
Transaktionen auf Mass oder in Masse
2022 haben Banken rund 2 Mrd. Zahlungen mit Debit- und Kreditkarten für inländische Verkäufer mit einem gesamten Volumen von CHF 102,220 Mrd. abgewickelt. Kartenzahlungen sind ein typisches Massengeschäft, das hochgradig automatisiert abläuft. Aus Sicht von Unternehmen haben Kartenzahlungen den Vorteil, dass sie Kosten und Risiken von Standardzahlungen reduzieren. Nach wie vor werden knapp 30 Prozent der Transaktionen in der Schweiz mit Bargeld abgewickelt. Unternehmen, die Bargeld empfangen, stehen wiederum die Banken mit ihren Angeboten im Bargeldverkehr zur Verfügung.
Akkreditive reduzieren Risiken im globalen Warenhandel
Ein anderes Beispiel für Transaction Banking sind Akkreditive, die vor allem bei internationalen Handelsgeschäften zum Einsatz kommen. Dabei handelt es sich um ein bedingtes Zahlungsversprechen einer Bank, das beispielsweise die Zahlung eines Importeurs an den Exporteur vereinbart. Mit dem Akkreditiv wird die Zahlung für den Exporteur gesichert, der Importeur erhält eine Liefersicherheit: Die Bank führt die Zahlung erst dann aus, wenn der Exporteur den Versand der Ware mit den im Akkreditiv definierten Dokumenten belegen kann. Aus Sicht von Banken stellen Akkreditive eine Eventualverpflichtung dar, da sie sich bis zur Einlösung der Dokumente verpflichten, dem Exporteur eine Zahlung zu leisten.2021 lagen die Verpflichtungen der Banken in der Schweiz aus Dokumentarakkreditiven bei CHF28,1Mrd. Nachdem das Volumen im letzten Jahrzehnt um durchschnittlich 0,9 Prozent pro Jahr gesunken ist, hat dieser Trend im Jahr 2021 gedreht. Den grössten Marktanteil in diesem Geschäft weisen die Auslandsbanken auf. Ausserdem sind die Grossbanken wichtige Anbieter dieser Produkte. Für die stark global vernetzte und exportorientierte Schweizer Volkswirtschaft ist der Zugang zu einem funktionierenden dokumentären Auslandsgeschäft wichtig. Dieses bezeichnet Finanztransaktionen, die unter der Bedingung ausgeführt werden, dass der Bank bestimmte Dokumente zu Warenflüssen geliefert werden, beispielsweise Lieferscheine. Zum dokumentären Auslandsgeschäft zählen insbesondere die Instrumente Dokumentarakkreditiv und Dokumentarinkasso. Banken bieten den Unternehmen damit Sicherheit im globalen Warenfluss und tragen zur Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft im Aussenhandel bei.Neben Kundenzahlungen und dem dokumentären Auslandsgeschäft bieten Banken weitere transaktionsbezogene Dienstleistungen an, etwa Cash Management sowie das Einlagen- und Geldmarktgeschäft für Unternehmenskunden.
Kapitalmarktgeschäft
Während sich KMU vor allem über Bankkredite und private Transaktionen finanzieren, steht für grössere Unternehmen der Kapitalmarkt im Vordergrund. Dort lassen sich grössere Volumina meist zu besseren Konditionen erschliessen. Im Gegensatz zu angelsächsischen Märkten spielt das Kapitalmarktgeschäft für Unternehmen bezüglich der emittierten Volumina hierzulande eine gegenüber den Bankkrediten untergeordnete Rolle. Aus diesem Grund sind staatliche Schuldner typischerweise die grössten Emittenten von Anleihen.
Kapitalmärkte ermöglichen Emission und Handel von Aktien und Obligationen
Durch Emission von Aktien an der Börse kann das Eigenkapital eines Unternehmens an zusätzliche Investorinnen und Investoren verteilt werden. Banken unterstützen beispielsweise die Erstplatzierung (Initial Public Offering, IPO) mit verschiedenen Dienstleistungen wie etwa Finanzanalysen, Strukturierung der Transaktion, Bookbuilding und Festlegung des Emissionspreises.Auf dem Anleihen- oder Obligationenmarkt lässt sich dagegen Fremdkapital platzieren. Banken unterstützen die Emission von Anleihen ebenfalls durch spezifische Dienstleistungen. Seit 2010 wurden jährlich zwischen CHF 9 Mrd. und CHF 25 Mrd. pro Quartal an CHF-Anleihen emittiert, durchschnittlich gut CHF17Mrd. Die Kategorie der ausländischen Emittenten war in dieser Phase mit durchschnittlich rund einem Drittel der grösste Schuldner, ihr Anteil nahm aber über die Jahre kontinuierlich ab. Die Pfandbriefinstitute hatten in dieser Zeitspanne einen durchschnittlichen Anteil von 24 Prozent, der stetig zunahm. Bund, Kantone und Gemeinden haben kumuliert auf 13 Prozent aller Anleihen emittiert. Weitere 17Prozent aller Anleihen stammen von Versorgungsunternehmen, Industrie, Versicherungen und übrigen Dienstleistungen. Banken haben einen Anteil von 13Prozent aller emittierten Anleihen.
Kapitalmarkt erfüllt seine Rolle – auch in Krisenzeiten
Die Nutzung des Kapitalmarkts schwankt je nach den Finanzierungsbedürfnissen der Unternehmen. Im zurückliegenden Jahrzehnt wurde der Anleihenmarkt durch inländische Schuldner netto mit bis zu CHF15 Mrd. pro Quartal beansprucht. Dies hat sich während der COVID-19-Pandemie durch den erhöhten Finanzierungsbedarf bei Staat und Privatwirtschaft geändert. Im 2. Quartal 2020 wurden CHF-Anleihen von inländischen Schuldnern im Umfang von CHF20,4Mrd. emittiert. Das Emissionsvolumen entsprach damit rund dem Doppelten des historischen Quartalswerts. In den folgenden Quartalen hat sich die Emissionstätigkeit wieder normalisiert.Dies zeigt, dass der Schweizer Kapitalmarkt auch in herausfordernden Zeiten seine Rolle als Liquiditätsversorger erfüllt und damit zur Stabilität und Prosperität der Schweizer Volkswirtschaft beiträgt. Gleichwohl bleibt seine Rolle bei der Unternehmensfinanzierung im internationalen Vergleich klein. Dies liegt unter anderem an den Stempel- und Verrechnungssteuern, die schweizerische Titel für ausländische Anlegerinnen und Anleger unattraktiv machen und nach wie vor wesentliche Standortnachteile für den Schweizer Kapitalmarkt darstellen.
Abbildung 21