Corporate Banking - Swiss Banking Trends DE (2024)

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Das Firmenkundengeschäft ist ein wichtiger Pfeiler bei den Geschäfts­modellen der Schweizer Banken. Die Finanzierung von Unternehmen, die Sicherstellung von Finanz­transaktionen und das Kapital­markt­geschäft haben eine zentrale Bedeu­tung für die Schweizer Volkswirtschaft. Die Liquidi­täts­versorgung sowie der Zugang zu Finanzie­rungen, zu weiteren Dienstleis­tungen für Wachstums­investitionen, zu Exporten und zu Kapital­märkten ist eine Grundvoraussetzung für die wirtschaft­liche Wettbewerbs­fähig­keit und die hohe Produktivität der Schweiz. Das hervor­ragend ausgebaute Schweizer Corporate Banking wird damit zum Standortfaktor für Unter­nehmen, die in der Schweiz ansässig sind oder ihre finanzierungs­bezogenen Tätigkeiten hierzu­lande ange­siedelt haben.

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Finanzierung

Unternehmen stehen in der Schweiz verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung. Das traditionelle «Haus­bank-Modell» basiert auf einer langjährigen Beziehung zwischen Kundin/Kunde und Bank und einer breiten Produktpalette zur Erfüllung verschiedener Kunden­bedürf­nisse. Bankkredite stellen daher die wichtigste Quelle für Fremdkapital für die meisten Schweizer Unternehmen dar. Im Gegensatz dazu stützt sich das Corporate Banking in anderen Ländern stärker auf andere Finan­zierungs­­formen ab, etwa auf das Kapitalmarkt­geschäft oder auf private Finanzierungen ohne Einbezug von Banken.

Volumen an Unternehmenskrediten wächst deutlich schneller als das BIP

Aktuell haben die Banken im Inland Limiten für Unternehmenskredite im Umfang von über CHF700Mrd. vergeben. Mehr als die Hälfte aller Kredite gingen an Mikro­unter­nehmen mit bis zu neun Mitarbeitenden. Mit rund 26 Prozent aller Schweizer Beschäftigten in der Schweiz sind Mikro­unternehmen somit proportional stärker auf Kredite angewiesen als grössere Unter­nehmen. Dazu kommen Kredit­limiten an kleinere und mittelgrosse Unter­nehmen, Grossunter­nehmen sowie für öffentlich-rechtliche Körperschaften. Insbe­son­dere kleinere Schweizer Gemeinden und Verbund­werke finanzieren ihre Investi­tionen traditionell über Bankkredite.Um die Liquidität der KMU zu Beginn der COVID-19-Pandemie sicherzustellen, hat der Bundes­rat in Zusammenarbeit mit Banken und Behörden im März 2020 in kürzester Zeit ein Kredit­programm einge­führt und damit die betroffenen Unter­nehmen rasch und unbüro­kratisch mit Liquidität versorgt. Die Kredite von bis zu CHF500’000 wurden zu 100Prozent vom Bund abgesichert. Für Kredite, die über diesen Betrag hinaus­gehen, bürgt der Bund zu 85Prozent (bis maximal CHF 20 Mio. pro Unternehmen). Dieses Programm zur Gewährung von Krediten mit Solidar­bürgschaften wurde von Behörden, Banken und der SBVg gemeinsam entwickelt und im Dezember 2020 über das COVID-19-Solidaritäts­bürgschafts­gesetz ins ordentliche Recht überführt. Die Kredite waren anfangs unverzinst, nach der Zins­wende orientiert sich der Zinssatz aber am SNB-Leitzinssatz. Der Bund veröffentlicht eine laufend aktualisierte Übersicht zu den Covid-19-Über­brückungs­krediten.6Die hohe wirtschaftliche Bedeutung von Unternehmenskrediten zeigt sich daran, dass das Total der Limiten von 2010 bis 2021 um rund 4,5 Prozent pro Jahr angestiegen ist, während das Schweizer BIP in dieser Zeit um nominal rund 1,2Prozent pro Jahr zugenommen hat. Dies gilt insbesondere für KMU, auf die das grösste Wachstum der Kredite zurückgeht. In diesem Segment sind übrigens rund 85Prozent aller Kredite hypothekarisch gesichert, was die Risiko­fähigkeit der Kredit­nehme­rinnen/Kreditnehmer stärkt. Die Tatsache, dass die Kredit­volumen stetig wachsen, ist ein starkes Indiz, dass die Kreditversorgung in der Schweiz gewähr­leistet ist. Auch während der Finanzkrise oder der COVID-19-Pandemie war die Schweizer Volkswirtschaft im Gegensatz zu anderen Ländern nicht mit einer Kredit­klemme konfrontiert. Dies zeigen die Resultate der SNB-Unternehmens­befragungen.7

Breite Palette von Finanzierungs­lösungen für Firmen

Neben Bankkrediten stehen Schweizer Unternehmen zahlreiche weitere Finan­zie­rungs­instrumente zur Verfügung. Dazu zählen etwa das bereits genannte Factoring, Leasing sowie Mezzanine Finance, die je nach den Bedürfnissen der Unternehmung verschiedene Vorteile aufweisen. Banken bieten für Exportfirmen spezifische Dienstleistungen an, etwa Käufer- oder Fabrikationskredite. Struktu­rierte Finan­zierungen sind ein Sammel­begriff für Finanzierungs­instrumente, die über das klassische Kreditgeschäft hinaus­gehen. Dazu zählen unter anderem Verbriefungen, Akquisitions­finanzierungen und Sell-and-Lease-Back-Verträge.

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Transaction Banking

Das Transaction Banking umfasst Produkte und Dienstleistungen für Unternehmen, die die Finanz­flüsse im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit des Unter­nehmens abdecken. Die Angebots­palette reicht von Kundenzahlungen, die täglich millionenfach abgewickelt werden, bis zur mass­geschnei­derten Handels­finanzierung, bei der die Bank den inter­nationalen Finanzfluss sicher­­stellt. Aus Sicht der Kundinnen und Kunden erleichtert das Transaction Banking die Liquiditäts- und Kapital­planung und reduziert die Transaktions­kosten. Beim internationalen Handel können Banken mit ihren Netzwerken an ausländischen Korrespon­denzbanken ausser­dem die Gegen­parteien-Risiken reduzieren.

Transaktionen auf Mass oder in Masse

2022 haben Banken rund 2 Mrd. Zahlungen mit Debit- und Kreditkarten für inländische Verkäufer mit einem gesamten Volumen von CHF 102,220 Mrd. abge­wickelt. Karten­­­zahlungen sind ein typisches Massen­­­geschäft, das hochgradig automa­tisiert abläuft. Aus Sicht von Unter­nehmen haben Karten­zahlungen den Vorteil, dass sie Kosten und Risiken von Standard­zahlungen reduzieren. Nach wie vor werden knapp 30 Prozent der Transaktionen in der Schweiz mit Bargeld abgewickelt. Unter­nehmen, die Bargeld empfangen, stehen wiederum die Banken mit ihren Angeboten im Bargeld­verkehr zur Verfügung.

Akkreditive reduzieren Risiken im globalen Warenhandel

Ein anderes Beispiel für Transaction Banking sind Akkreditive, die vor allem bei inter­nationalen Handels­geschäften zum Einsatz kommen. Dabei handelt es sich um ein bedingtes Zahlungs­versprechen einer Bank, das beispielsweise die Zahlung eines Importeurs an den Exporteur vereinbart. Mit dem Akkreditiv wird die Zahlung für den Exporteur gesichert, der Importeur erhält eine Liefer­sicherheit: Die Bank führt die Zahlung erst dann aus, wenn der Exporteur den Versand der Ware mit den im Akkreditiv definierten Dokumenten belegen kann. Aus Sicht von Banken stellen Akkreditive eine Eventual­verpflichtung dar, da sie sich bis zur Einlösung der Dokumente verpflichten, dem Exporteur eine Zahlung zu leisten.2021 lagen die Verpflichtungen der Banken in der Schweiz aus Dokumentar­akkre­ditiven bei CHF28,1Mrd. Nachdem das Volumen im letzten Jahrzehnt um durch­schnittlich 0,9 Prozent pro Jahr gesunken ist, hat dieser Trend im Jahr 2021 gedreht. Den grössten Marktanteil in diesem Geschäft weisen die Auslands­banken auf. Ausserdem sind die Grossbanken wichtige Anbieter dieser Produkte. Für die stark global vernetzte und export­orientierte Schweizer Volkswirtschaft ist der Zugang zu einem funktionierenden dokumentären Auslandsgeschäft wichtig. Dieses bezeichnet Finanz­trans­aktionen, die unter der Bedingung ausgeführt werden, dass der Bank bestimmte Dokumente zu Warenflüssen geliefert werden, beispiels­weise Liefer­­scheine. Zum dokumen­tären Auslandsgeschäft zählen insbesondere die Instrumente Dokumentar­akkreditiv und Dokumentar­­inkasso. Banken bieten den Unter­nehmen damit Sicherheit im globalen Warenfluss und tragen zur Wettbewerbs­fähigkeit der Schweizer Wirtschaft im Aussenhandel bei.Neben Kundenzahlungen und dem dokumentären Auslandsgeschäft bieten Banken weitere transaktionsbezogene Dienstleistungen an, etwa Cash Manage­ment sowie das Einlagen- und Geld­markt­­geschäft für Unternehmenskunden.

Kapitalmarktgeschäft

Während sich KMU vor allem über Bank­kredite und private Transaktionen finan­zieren, steht für grössere Unter­nehmen der Kapitalmarkt im Vordergrund. Dort lassen sich grössere Volumina meist zu besseren Konditionen erschliessen. Im Gegensatz zu angelsächsischen Märkten spielt das Kapital­marktgeschäft für Unternehmen bezüglich der emittierten Volumina hier­zulande eine gegenüber den Bank­krediten untergeordnete Rolle. Aus diesem Grund sind staatliche Schuldner typischerweise die grössten Emittenten von Anleihen.

Kapitalmärkte ermöglichen Emission und Handel von Aktien und Obligationen

Durch Emission von Aktien an der Börse kann das Eigenkapital eines Unternehmens an zusätz­liche Investorinnen und Inves­toren verteilt werden. Banken unterstützen beispiels­weise die Erstplatzierung (Initial Public Offering, IPO) mit verschiedenen Dienst­leistungen wie etwa Finanzanalysen, Struktu­rierung der Transaktion, Book­building und Festlegung des Emissions­preises.Auf dem Anleihen- oder Obligationen­markt lässt sich dagegen Fremdkapital platzieren. Banken unterstützen die Emission von Anleihen ebenfalls durch spezifische Dienstleistungen. Seit 2010 wurden jährlich zwischen CHF 9 Mrd. und CHF 25 Mrd. pro Quartal an CHF-Anleihen emittiert, durchschnittlich gut CHF17Mrd. Die Kategorie der ausländischen Emittenten war in dieser Phase mit durchschnittlich rund einem Drittel der grösste Schuldner, ihr Anteil nahm aber über die Jahre kontinuierlich ab. Die Pfandbriefinstitute hatten in dieser Zeitspanne einen durch­schnittlichen Anteil von 24 Prozent, der stetig zunahm. Bund, Kantone und Gemeinden haben kumuliert auf 13 Prozent aller Anleihen emittiert. Weitere 17Prozent aller Anleihen stammen von Versorgungsunternehmen, Industrie, Versicherungen und übrigen Dienst­leistungen. Banken haben einen Anteil von 13Prozent aller emittierten Anleihen.

Kapitalmarkt erfüllt seine Rolle – auch in Krisenzeiten

Die Nutzung des Kapitalmarkts schwankt je nach den Finanzierungsbedürfnissen der Unter­nehmen. Im zurückliegenden Jahr­zehnt wurde der Anleihenmarkt durch inländische Schuldner netto mit bis zu CHF15 Mrd. pro Quartal beansprucht. Dies hat sich während der COVID-19-Pandemie durch den erhöhten Finan­zie­rungsbedarf bei Staat und Privat­wirtschaft geändert. Im 2. Quartal 2020 wurden CHF-Anleihen von inländischen Schuldnern im Umfang von CHF20,4Mrd. emittiert. Das Emissions­volumen entsprach damit rund dem Doppelten des historischen Quartals­werts. In den folgenden Quartalen hat sich die Emissionstätigkeit wieder normalisiert.Dies zeigt, dass der Schweizer Kapitalmarkt auch in herausfordernden Zeiten seine Rolle als Liquiditäts­versorger erfüllt und damit zur Stabilität und Prosperität der Schweizer Volks­wirtschaft beiträgt. Gleich­wohl bleibt seine Rolle bei der Unter­nehmensfinanzierung im internationalen Vergleich klein. Dies liegt unter anderem an den Stempel- und Ver­rechnungs­steuern, die schweizerische Titel für ausländische Anlegerinnen und Anleger unattraktiv machen und nach wie vor wesentliche Standort­­nachteile für den Schweizer Kapital­markt darstellen.

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Author: Lakeisha Bayer VM

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